Serie „Münzwettbewerbe“
Bastian Prillwitz erschafft „Erlebniswelt im Miniaturformat“
Morgen wird die neue Bauhaus-Silbermünze (925/1000) verausgabt. Zu kleine Sterne, zu große Schrift, fehlende Elemente, falsche Reliefhöhen beim Gipsmodell – bei den Münzwettbewerben zu deutschen Sammler- und Gedenkmünzen können vermeintliche Kleinigkeiten den Ausschlag geben. Im Rahmen unserer Reihe „Münzwettbewerbe“ zeigen wir die eingereichten Entwürfe für die neueste deutsche 20-Euro-Silbermünze.
Während es 2004 eine 10-Euro-Gedenkmünze der gleichen Reinheit für die berühmte Kunsthochschule gab, beträgt das Nominal nun 20 Euro. Nach „100 Jahre Frauenwahlrecht“ im Januar ist es die zweite 20-Euro-Silbermünze aus dem deutschen Münzausgabeprogramm 2019. Das Münzmotiv von Bastian Prillwitz wurde im Rahmen eines Münzwettbewerbs bereits im Mai 2018 gekürt. Neben Vertretern verschiedener Bundesorgane (Bundesfinanzministerium, Bundesministerium für Kultur und Medien, Bundesverwaltungsamt), waren auch Bildhauer Prof. Carl Constantin Weber, Designer Peter Zizka, Numismatiker Dr. Michael Kunzel (Deutsches Historisches Museum) und Dr. Annemarie Jaeggi, Direktorin im Bauhaus-Archiv Berlin/ Museum für Gestaltung, Teil der Jury.
1. Preis – Bastian Prillwitz
Bastian Prillwitz gehört längst zu den etablierten Münzdesignern in Deutschland. Für die Jury war das bei der Bewertung seines Entwurfs jedoch nicht klar. Hier war Prillwitz erst mal nur die anonyme „Tarnzahl 1456“. Denn die anonyme Beurteilung der eingereichten Entwürfe ist elementarer Bestandteil der Münzwettbewerbe. Es ist durchaus einiges los auf Prillwitz‘ Entwurf: Während die Bildseite ihren Betrachter förmlich auf eine Treppe zieht, erkennt man Parallelen zu Oskar Schlemmers Gemälde „Bauhaustreppe“ von 1932. Darüber hinaus finden sich architektonische Eigenheiten und künstlerische Gangarten aller Bauhaus-Stationen von Weimar über Dessau bis Berlin. Dadurch sah die Jury eine derart große „inhaltliche Vielschichtigkeit“, die die zukünftige Bauhaus-Silbermünze „zu einer Erlebniswelt im Miniaturformat“ macht. Kurzum: ein geprägter Begleiter durch 100 Jahre Bauhaus.
2. Preis – Anna Steinmann
Den zweiten Preis vergab die Jury an Design-Newcomerin Anna Steinmann. Ihren Debütwettbewerb zur 20-Euro-Münze für Peter Behrens konnte die Berlinerin im Vorjahr sogar als erste Preisträgerin für sich entscheiden. Hier lobte die Jury vor allem die gleichermaßen vorherrschende „spannungsreiche Komposition und grafische Ruhe“ des Entwurfs. Auf der Bildseite zeigt Steinmanns Entwurf die drei Bauhaus-Stationen in Weimar, Dessau und Berlin. Darin eingewoben finden sich Quadrat, Kreis und Dreieck – Walter Gropius‘ drei Primärformen der Bauhausgestaltung. Das formale Dreiergespann der Bildseite nominiert auch die Wertseite, wo Adler, Sternengruppe und Schriftzug Bundesrepublik Deutschland der gleichen linearen und flächigen Aufteilung folgen.
3. Platz – Michael Otto
Für das Münzdesign von Michael Otto aus Rodenbach gab es den dritten Platz. Ottos Entwurf konzentriert sich auf die charakteristische Außenansicht des Bauhaus-Archivs Berlin. Dabei lehnt sich die Schrift erkennbar an die originale Bauhaus-Typographie an. Laut Werturteil sei besonders „die mutige Anlehnung an die Leitgedanken des Bauhauses“ aufgefallen. Außerdem bemerkte man die reduzierte Formensprache der Komposition und lobte deren gestalterische Umsetzung als überzeugend.
11 Künstler, 14 Entwürfe
Mit den Teilnehmern deutscher Münzwettbewerbe ist es – nicht nur bei der neuen Bauhaus-Silbermünze – wie in der Kunsthochschule selbst: Sie kommen aus allen Ecken der Kunst und aus allen Ecken des Landes. Sie sind Graveure, Bildhauer oder Grafiker und kommen aus Augsburg, Weimar oder Köln. Im hiesigen Wettbewerb gab es 14 Entwürfe von 11 verschiedenen Künstlern. Als Bewertungsgrundlage bekommt das Preisgericht von den Künstlern aber nicht nur simple Skizzen, sondern auch ein Gipsmodell des Münzentwurfs (Maßstab 5:1). Dadurch wird schon bei der Preisvergabe sichergestellt, dass die technischen Anforderungen für die spätere Prägung auch haltbar sind.
Numismatische Details der Bauhaus-Silbermünze
Die 20-Euro-Gedenkmünze „100 Jahre Bauhaus“ würdigt die Gründung des Bauhauses durch Walter Gropius am 1. April 1919. Sie besteht aus Sterlingsilber (925/1000) und hat bei einem Gewicht von 18 Gramm 32,5 Millimeter Durchmesser. Hergestellt wird die Bauhaus-Silbermünze sowohl in Stempel-, wie auch in Spiegelglanz-Prägequalität. Ihre Wertseite zeigt einen Adler, den Schriftzug „BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND“, Wertziffer und Wertbezeichnung, das Prägezeichen „J“ der Hamburgischen Münze als ausführender Münzprägestätte, die Jahreszahl 2019 sowie die zwölf Europasterne. Zusätzlich ist die Angabe „SILBER 925“ aufgeprägt. Der glatte Münzrand enthält in vertiefter Prägung die Inschrift „DIE WELT NEU DENKEN ▲ ■ ●“.
Auf bauhaus100.de gibt es zahlreiche Hintergrundinfos zum Jubiläum und dem geplanten Festprogramm.
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100 Jahre Bauhaus – eine kurze Chronik
1919–1925 Bauhaus Weimar
Gegründet wurde das Bauhaus am 1. April 1919 von Walter Gropius in Weimar. Damit vereinte Gropius die ehemalige Großherzogliche Kunsthochschule und die, vom belgischen Designer Henry van de Velde begründete, Großherzoglich Sächsische Kunstgewerbeschule zum Staatlichen Bauhaus Weimar. War man anfangs eher national orientiert, profilierte sich das Bauhaus bereits vier Jahre später international.
Walter Gropius rief und zahlreiche namhafte Künstler kamen: Mit Hochkarätern wie Lyonel Feininger, Johannes Itten, Paul Klee, Oskar Schlemmer und Wassily Kandinsky als Meistern wurde das Bauhaus in Weimar bis Ende März 1925 ein Schmelztiegel internationaler künstlerischer Vielfalt.
Mit dem Bauhaus in Weimar wollte Gropius eine Reform der Baukultur erwirken, die Trennung von Handwerk und Kunst überwinden. Teil dieser Vision war es, aus dem Zusammenwirken aller Werkstätten ein „Gesamtkunstwerk“ zu schaffen.
1925–1931 Bauhaus Dessau
Obgleich man das Gegenteil hätte erwarten können, zogen die politisch erzwungene Schließung des Bauhauses in Weimar und der Ortswechsel nach Dessau keine Krise der Institution nach sich. Im Gegenteil: Auch in Dessau konsolidierte man sich auf dem Weg zur Gestaltung neuer industrieller Massenprodukte. An neuer Wirkungsstätte wurde die neu heraufbeschworene Einheit von Kunst und Technik, proklamiert bereits in der Weimarer Ausstellung von 1923, endlich Wirklichkeit und konnte sich voll entfalten. Bis heute ist sie untrennbar verbunden mit dem Ruf des Bauhauses. Die Dessauer Zeit brachte das Gros der bekanntesten Produkte und Bauten hervor, die das Bild des Bauhauses bis heute prägen.
Die schon damals berühmten Meister der Weimarer Zeit, Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Paul Klee, László Moholy-Nagy, Georg Muche und Oskar Schlemmer, folgten Gropius nach Dessau, wo sie in die von Gropius entworfenen Meisterhäuser einzogen. Aus dem Bauhaus in Dessau wurde damit eine seinerzeit beispiellose, prominente Künstlerkolonie von internationaler Berühmtheit.
Seit 1927 erschwerten politische Querelen den Schulalltag. Ein Jahr später übergab Gropius die Direktion an den Schweizer Architekten und Urbanisten Hannes Meyer – eine Neubesetzung, die er selbst vorgeschlagen hatte. Bereits 1930 wurde Meyer, der zuvor die 1927 neugegründete Architekturabteilung des Bauhauses leitete, unter dem Vorwand „kommunistischer Machenschaften“ vom Stadtrat gekündigt.
1930 bekam das Bauhaus seinen letzten Direktor: Ludwig Mies van der Rohe. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern Gropius und Meyer gilt er als der am wenigsten politisch denkende Direktor. Unter seiner Leitung richtete sich das Bauhaus noch stärker auf die Architektur aus, verlor dabei jedoch zunehmend an gesellschaftspolitischem Bezug.
1932–1933 Bauhaus Berlin
Mit dem Sieg der NSDAP bei den Gemeinderatswahlen von 1931 wurde das Bauhaus in Dessau am 30. September 1932 aufgelöst. Ludwig Mies van der Rohe, der 1930 als Bauhaus-Direktor die Nachfolge von Walter Gropius und Hannes Meyer antrat, organisierte den Umzug der Schule nach Berlin. Neues Domizil wurde eine leerstehende Telefonfabrik in Berlin-Steglitz. Kaum ein halbes Jahr später, am 11. April 1933, durchsuchten Polizei und SA das Gebäude und versiegelten es. Im Rahmen dieser Razzia wurden 32 Schüler festgenommen. Eine Fortsetzung hätte es nur unter politischem Diktat geben können – für Mies van der Rohe eine unannehmbare Bedingung. Am 20. Juli 1933 erklärte die Lehrerschaft die Selbstauflösung des Bauhauses.
Ein Großteil der Lehrenden und Studierenden emigrierte nach der Auflösung des Bauhauses – ein entscheidender Schritt für die weltweite Verbreitung des Bauhaus-Gedankens.
Nachwirkung – die Bauhaus-Ideen ab 1934
Während seiner Existenz war das Bauhaus stets ein Bündel der unterschiedlichsten internationalen Strömungen. Diese erzwungene Migration sorgte dafür, dass es sich in ständig veränderten Kontexten auch immer wieder neu definieren musste – von jeher eine Besonderheit des Bauhauses. Mit dem nationalen und internationalen Wirken ehemaliger Lehrer und Schüler fanden die Bauhaus-Ideen auch ihren Weg nach draußen. Das Künstlernetzwerk, das im Bauhaus seinen Ursprung hatte, bestand und verdichtete sich auch nach der Schließung 1933 weiter.
Jubiläum 2019 – 100 jahre bauhaus
Das Jahr 2019 steht, nicht nur numismatisch, im Zeichen zahlreicher (100er-)Jubiläen. Der 100. Gründungstag des Bauhauses sticht als Kulturereignis aus dieser Reihe heraus. Der Bauhaus Verbund begeht das Jubiläum unter dem Motto „Die Welt neu denken“ und lädt gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern zu einem vielfältigen Programm ein – um die historischen Zeugnisse des Bauhauses neu zu entdecken, seinen Spuren nachzugehen und seine Impulse für Gegenwart und Zukunft auszuloten.
Bildquelle: Münzfotografien des Bundesverwaltungsamtes, Ergebnisprotokoll Münzwettbewerb „100 Jahre Bauhaus“, Mai 2018
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