Münzkabinett im Kunsthistorischen Museum in Wien
In wenigen Stunden vom Altertum bis zum Euro: Wer als Münzenfreund in Österreich ist, sollte einen Pflichttermin im Kalender haben – einen Besuch im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums (kurz KHM) Wien. Damit untrennbar verbunden: eine Reise durch die Geschichte der Numismatik.
Sonst treibt sich der MDM-Blog eher auf Münzenmessen oder in Prägestätten herum, heute geht es mal woanders hin. Der Himmel auf Erden für jeden Münzensammler ist gut versteckt: Durch die große Eingangshalle, eine mächtige Freitreppe hinauf, vorbei an Kaiser Franz Josef und anderen gekrönten Häuptern, eine weitere Treppe nach oben, einen schmalen Gang entlang. Erst dann wird in der hintersten Ecke des Kunsthistorischen Museums das Ziel erreicht – das Münzkabinett.
Numismatischer Sehnsuchtsort
Das Münzkabinett in Wien ist nicht weniger als mein liebster numismatischer Sehnsuchtsort. An keinem anderen Platz wird für mich die Leidenschaft für die Numismatik so lebendig, wie in den drei Sälen, die im zweiten Stock des KHM zu finden sind. Und die Faszination beginnt bereits mit dem Ambiente: Der Boden knarzt, wenn man den ersten der drei Ausstellungsbereiche betritt. Es riecht ein wenig muffig – und das ist gar nicht so verkehrt, denn so erreicht die Geschichte hinter den Münzen alle Sinne.
600.000 Objekte aus aller Welt
Tatsächlich befindet man sich im Münzkabinett an einem wahrhaft geschichtsträchtigen Ort: Der Grundstock der Sammlung geht auf die kaiserlich-habsburgische Münzkollektion zurück. Laut KHM soll das älteste erhaltene Inventar aus dem Jahre 1547 stammen. Das Kabinett gehört inzwischen zu den fünf größten und bedeutendsten Münzsammlungen der Welt. Insgesamt beherbergt es rund 600.000 Objekte aus aller Welt. Tatsächlich öffentlich ausgestellt wird davon jedoch nur ein Bruchteil. Denn hinter den Kulissen, abseits der Ausstellung, wird im Münzkabinett zu geldgeschichtlichen Themen geforscht.
Geschichte des Geldes ohne Schnickschnack
Ein Besuch im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums ist aus meiner Sicht vor allem für diejenigen Münzenfreunde ein Pflichttermin, die sich bislang vor allem für moderne Numismatik interessiert haben. Warum? Ganz einfach: Die Österreicher verstehen es, die Jahrtausende umfassende Geschichte des Geldes ohne Schnickschnack leicht verständlich darzustellen. Angefangen bei prämonetären Geldformen über Papiergeld bis hin zu Aktien sowie Medaillen, Orden und Ehrenzeichen. Die Ausstellung beginnt mit einem Rundblick auf die Geschichte der Medaillenprägung zwischen dem 13. Jahrhundert und der heutigen Zeit. Die Geschichte des Münz- und Papiergeldes ist im zweiten Saal dargestellt. Wohingegen der dritte Ausstellungssaal sich stets wechselnden Sonderausstellungen widmet.
Sonderausstellung zu Maria Theresia
Bereits seit März 2017 und noch bis Oktober 2019 befindet sich der dritte Saal ganz im Zeichen von Maria Theresia: Unter dem Motto „Zuhanden Ihrer Majestät“ wird das Leben von Maria Theresia im Spiegel ihrer Medaillen nachgezeichnet. Beispielsweise sind Hochzeitsmedaillen zu sehen, die Maria Theresia zur Anbahnung und Würdigung politisch sinnvoller Ehen für ihre Kinder einsetzte. Zudem wurden auch Geburten des Nachwuchses mit Gedenkmedaillen verewigt, Sterbemedaillen sorgten für das passende Andenken an wohlgesonnene Verwandte und Grundsteinmedaillen wurden beim Bau von öffentlichen Einrichtungen verteilt. Dabei besonders beliebt: Auswurfmünzen, die von den Herrschern bei feierlichen Anlässen unters Volk geworfen wurden.
Moderne Methoden im Münzkabinett
Allerdings ist das Münzkabinett in Wien nicht nur wegen seiner Geschichte ein numismatischer Hot Spot für mich, sondern auch wegen seiner Zuwendung zu modernen Vermittlungsformen: In einem interaktiven Online-Katalog kann der Sammlungsbestand durchsucht werden. Zudem sind dort Hintergrundinformationen und Fundorte vermerkt. Außerdem besteht die Möglichkeit, mit einer Münzpatenschaft einen Beitrag zur Dokumentation einer Münze, Medaille oder eines sonstigen Objekts des Münzkabinetts im interaktiven Münzkatalog zu leisten.
Netter Nebeneffekt
Und natürlich gibt es für jeden Besucher, der primär wegen des Münzkabinetts ein Tagesticket kauft, einen netten Nebeneffekt: Auf drei Stockwerken hängen in dutzenden anderen Räumen hunderte weltberühmte Kunstwerke, die man unbedingt einmal „in echt“ gesehen haben muss.
Fotos/Grafik: Sebastian Wieschowski
Tags: Ausstellung KHM Kunsthistorisches Museum Maria Theresia Münzgeschichte Münzkabinett Münzsammlung Österreich Wien