Händler und Prägestätten blasen zur großen US-Münzenjagd
Mit der Great American Coin Hunt beweist die amerikanische Münzsammler-Szene weiter Einfallsreichtum, um Nachwuchs zu generieren. Eine numismatische Schnitzeljagd bringt Ende April mehrere Millionen Münzschätze in Umlauf und will so neue Interessenten begeistern, aber auch gestandene Sammler herausfordern. Auf den letzten Metern hat sich noch prominente Verstärkung angekündigt.
Wie lassen sich junge Menschen für Numismatik begeistern? Wie kann die breite Bevölkerung die Leidenschaft für das Münzensammeln gewinnen? Was muss passieren, damit Millionen Menschen ihre Geldbörsen durchsuchen auf der Jagd nach dem ganz großen Schatz? Antworten auf diese Fragen sind in Deutschland bislang noch nicht gefunden. Die Euphorie nach der Einführung des Euro ist in Deutschland schnell verflogen und der Hype um die Polymer-Münzen ist zuletzt ebenfalls etwas abgeklungen. Eine mögliche Antwort liefern Münzenhändler aus den USA.
Coin Dealer verbünden sich
„Coin Dealer“, also Münzenhändler, aus allen Ecken der Vereinigten Staaten haben sich zusammengetan, um den Spaß an der Raritätenjagd sowohl für alte Hasen der Numismatik als auch für numismatische Neulinge lebendig zu gestalten – ein großer Plan. Wer in den nächsten Monaten in die USA reist, könnte dann Zeuge werden, wie Menschen auf der Straße ihr Portemonnaie durchsuchen, ihr Wechselgeld untersuchen und auffällige Stücke mit dem Smartphone einer detaillierten Wert-Recherche unterziehen. Oder sogar selbst zufällig in die außergewöhnliche Schnitzeljagd geraten. Augen auf beim Wechselgeld: Check your change, lautet die Devise. Sogar auf Hawaii warten Münzen darauf, entdeckt zu werden.
„Bring the hunt back to the hobby!“
(Wahlspruch der Great American Coin Hunt)

Auf Facebook wird unter #GreatAmericanCoinHunt schon fleißig angekündigt: „Here is a small sampling of what they will be dropping.“ (Bild: @GreatAmericanCoinHunt-Facebookseite)
Hunderte Händler spenden für die Münzenjagd
Eben dieser große Plan der Händler nennt sich „Great American Coin Hunt“. Während der nationalen Münzenwoche (21. bis 28. April 2019), die von der „American Numismatic Association“ – einem der wichtigsten amerikanischen Münzenverbände – veranstaltet wird, wollen Händler freiwillig „numismatisch bedeutsame Artikel“ aus ihren eigenen Beständen in Umlauf bringen, wobei sich vereinzelt auch jetzt schon Schätze in freier „Geldbahn“ befinden. Dabei gehen die Veranstalter von mindestens einer Million Sammlermünzen aus, die durch unterschiedlich große Händler in Umlauf gebracht werden. Mindestens 250 bis 300 Händler bereichern die Jagd. Gestreut werden die Raritäten insbesondere an stark frequentierten Orten wie Restaurants, Einzelhandelsgeschäften und Convenience-Stores sowie in verkehrsreichen Gegenden wie Flughäfen, Bahnhöfen und Einkaufszentren.
Great American Coin Hunt will herausfordern
Organisiert wird die Aktion von „Roundtable Trading“, einem Unternehmen, das unter anderem die beliebte Facebook-Gruppe „Coin Dealers Helping Coin Dealers“ betreibt und als unabhängige Händlervereinigung fungiert. Welche Raritäten genau im Wechselgeld an der Supermarktkasse oder am Parkautomaten schlummern könnten, hat Mitveranstalter Rob Oberth nicht vorgeschrieben. Nur so viel: Die Fundstücke sollen einerseits Neulingen ein gewisses Grundwissen über die Numismatik vermitteln und möglichst auch sachkundigere Personen herausfordern: „Wir möchten vor allem Menschen, die kein Interesse an Numismatik haben, für die Numismatik begeistern“, sagt er. Auf Oberths Initiative hin, entstand nicht nur nicht nur die „große amerikanische Münzenjagd“ – er ist auch Begründer der „Roundtable“-Vereinigung. Münzenhändler Oberth will selbst mindestens 5.000 Sammlermünzen in Umlauf bringen.

Die Online-Karte zeigt, wo es was zu holen gibt.
„Key dates“ als Jackpot-Funde
Schon jetzt ist absehbar, dass die Aktion zu Diskussionen und so manchem „Aha“-Erlebnis führen wird. Denn neben seltenen Münzen aus vergangenen Jahrzehnten wollen einzelne Händler auch so genannte „key dates“, also besonders seltene Jahrgänge bestimmter Münztypen, als Trinkgeld in Restaurants geben. Dazu soll es für die Bedienungen jeweils den expliziten Hinweis geben, dass das Kleingeld einen besonderen Wert hat. Darüber hinaus sollen einzelne Schatz-Münzen zudem mit einem Hologrammaufkleber versehen werden, die der glückliche Empfänger bei teilnehmenden Händlern gegen eine „key date“-Münze im Wert von bis zu 100 US-Dollar eintauschen kann. Außerdem planen einige Händler, ihre Neukunden mit kostenlosen Sammelalben zu unterstützen und auch damit zur Gründung einer eigenen Münzensammlung zu bewegen. Numismatische Hot Spots der Great American Coin Hunt vermerken die teilnehmenden Händler auf einer interaktiven Karte. Hier werden teilweise auch schon Angaben zu den zu erwartenden Schätzen gemacht.
Numismatik feiern und fördern mit prominenter Unterstützung
Kurz vor dem offiziellen Startschuss zur „Great American Coin Hunt“ gab es unerwartete Schützenhilfe von allerhöchster Stelle: Wie Anfang April 2019 bekannt wurde, hat sich die United States Mint kurzfristig entschlossen, in der Nähe von New York jeweils zwei Millionen Münzen aller fünf Münzen aus der „America the Beautiful“-Vierteldollar-Serie mit dem Münzzeichen „W“ (Westpoint Mint) in Umlauf zu bringen: „Wir sind glücklich, dass wir die Quarter-Münzen mit dem Münzzeichen W präsentieren können, während Händler überall in den USA ähnliche Anstrengungen unternehmen, um das Hobby der Numismatik zu feiern und zu fördern“, erklärte US-Mint-Direktor David Ryder gegenüber der Zeitschrift „Coin World“.

Seltener Quarter-Dollar 2019 mit Münzzeichen „W“
Erstmals seit 1979 mit Münzzeichen W
Dass die offiziellen Prägestätten der Vereinigten Staaten von Amerika die landesweite Sammler-Schnitzeljagd mit einer seltenen Spezialprägung unterstützen, ist durchaus eine kleine Sensation für die US-Numismatik. Schließlich wurden Quarter-Umlaufmünzen zuletzt zwischen 1977 und 1979 in der Westpoint Mint geprägt. Dabei trugen sie jedoch keine Münzzeichen. Gleichzeitig erhöht die prominente Unterstützung die Gesamtzahl der Schätze nochmal erheblich. Dennoch macht die US Mint es Sammlern schwer, eine der begehrten W-Münzen zu ergattern. Nach der Produktion wurden sie mit regulären Quarter-Münzen aus den beiden übrigen Prägestätten in Philadelphia und Denver vermischt und säckeweise ausgeliefert.
Quarter könnten hohe Marktpreise erzielen
Wie selten und wertvoll die besonderen Vierteldollar-Münzen sind, lässt sich im Vergleich der regulären Prägezahlen ablesen: Im Jahr 2018 wurden insgesamt 1,8 Milliarden Quarter geprägt: „Der langfristige Sammlerwert lässt sich noch nicht abschätzen, aber ich nehme an, dass eine einzelne Münze einen Marktpreis von 10 bis 20 US-Dollar erzielen könnte“, vermutet Jeff Starck, Leitender Redakteur der „Coin World“. Laut Starck, der in Sozialen Medien wie Twitter auch als „Worldcoinguy“ bekannt ist und vor allem den Weltmünzenmarkt beobachtet, könnten die Marktpreise für Münzen mit einer Einstufung eines „Third Party Grading“-Dienstleisters wie NGC oder PCGS sogar noch deutlich höher ausfallen: „Die Art und Weise, wie die Münzen verteilt werden, macht eine hohe Erhaltungseinstufung so gut wie unmöglich“, so der „Worldcoinguy“. Insbesondere der Transport der Münzen in Säcken und schweren Güterwaggons wirke sich an dieser Stelle aus.
Great American Coin Hunt – bitte mit Hashtag
Obgleich Newcomer oder Profi – wer fündig wird, ist angehalten, seinen Schatzsucher-Erfolg in den sozialen Netzwerken zu teilen. Unter dem Hashtag #GreatAmericanCoinHunt wird die Münzenjagd auf Facebook, Twitter und vor allem dem Bildernetzwerk Instagram von Organisatoren und Teilnehmern begleitet und dokumentiert. Vollblut-Fans können im Onlineshop der Veranstaltungswebseite sogar passende T-Shirts ordern.

Grafik: Royal Mint
The Great British Coin Hunt macht’s vor
Ähnlicher Name, gleiches Ziel in Großbritannien: Dort rief die Royal Mint – nachdem man mit olympischen Serien ähnlichen Prinzips 2011/12 gute Erfahrungen machte – schon 2018 zur „Great British Coin Hunt“ und läutete kürzlich die zweite Runde ein. Hier läuft die Münzenjagd aber etwas anders: Von der Prägestätte wurden 26 10-Pence-Münzen (Gesamtauflage 2,6 Millionen) offiziell ausgegeben. Jede Münze steht für einen Buchstaben und zeigt von A bis Z, was Großbritannien ausmacht. Die Motivwahl ist ungewöhnlich: Popkulturelle und kulinarische Phänomene wie James Bond (B), das deftige englische Frühstück (E), der Briten liebster Backfisch (F, Fish and Chips) oder das Monster von Loch Ness (L) wechseln sich mit Klassikern wie dem Parlamentsgebäude (H, Houses of Parliament), König Artus (K) oder der royalen Leibgarde (Y für Yeoman) ab. Mit der unkonventionellen Gestaltung wollte man bisherige Muster durchbrechen, die Briten bei ihrer landestreuen Seele packen. Die 2,1 Millionen-Auflage aus 2019 ist motivgleich, trägt aber das neue Prägejahr. Wie zuletzt, soll auch hier ein Sammelalbum das Jagdfieber befeuern.
Alle Motive der Great British Coin Hunt 2018/2019
- A … Angel of the North (Stahlskulptur bei Gateshead)
- B … James Bond
- C … Cricket
- D … Double Decker Bus (Doppeldecker-Bus)
- E … English Breakfast (Englisches Frühstück)
- F … Fish & Chips
- G … Greenwich Mean Time (Weltzeit zwischen 1884 und 1928)
- H … Houses of Parliament (Sitz des britischen Parlaments)
- I … Ice-Cream Cone (Eiswaffel)
- J … Jubilee (bezugnehmend auf das Krönungsjubiläum von Queen Elizabeth II. 2018)
- K … King Arthur (König Artus)
- L … Loch Ness Monster
- M … Mackintosh (Regenmantel)
- N … National Health Service (staatliches Gesundheitssystem)
- O … Oak Tree (Eiche)
- P … Post Box (gelbe Briefkästen)
- Q … Queuing (bezugnehmend auf die häufigen Warteschlangen)
- R … Robin (Rotkehlchen)
- S … Stonehenge (Monument bei Salisbury, UNESCO Welterbe)
- T … Teapot (Teekanne)
- U … Union Flag (Nationalflagge, umgangssprachlich auch „Union Jack“)
- V … Village (Dorf, bezugnehmend auf die ländlichen Siedlungen)
- W … World Wide Web (bezugnehmend auf den britischen WWW-Erfinder, Tim Berners-Lee)
- X … X Marks the Spot (bezugnehmend auf das Ziel-X; Schatzinsel-Autor Robert Louis Stevenson war Schotte)
- Y … Yeoman (royale Leibgarde)
- Z … Zebra Crossing (Zebrastreifen)
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