Flüchtigkeitsfehler oder ein Geschäftsmodell?
Sammler und Anleger diskutieren über auffällig viele Prägefehler bei modernen Anlagemünzen. Viele bezweifeln, dass es sich wirklich um Zufälle handelt.
Vor einiger Zeit haben wir bereits über (vermeintliche) Fehlprägungen im Bereich der Euromünzen berichtet. Heute geht es um kuriose Prägefehler bei Bullionmünzen. Als die Perth Mint im Juni 2019 die zweite Ausgabe ihrer beliebten Bullionmünzen-Serie „Australian Emu“ vorstellte, trauten manche Anleger und Sammler ihren Augen nicht: Wer seine Bestellung in den Händen hielt, erkannte am rechten Rand der Münze unterhalb des Emus ein drittes Bein an dem Tier.

Foto: The Perth Mint / metalmarket.eu
Kurioser Prägefehler: Wie bekam der Emu sein drittes Bein?
Bei der Gestaltung handelte es sich jedoch freilich nicht um eine Gedenkmünze zu Ehren von Wildtieren mit Handicap, sondern scheinbar um eine Fehlprägung. Der Stamm eines Baumes, der auf dem Münzbild hinter dem Tier platziert wurde, wurde nicht glänzend geprägt, sondern matt. Genauso wie die beiden Beine des Emus. So entstand die eingangs beschriebene optische Täuschung. Während er vielen Münzfreunden sofort auffiel, wurde dieser Fehler in der Prägestätte offenbar nicht erkannt. So kam es augenblicklich zu einem regelrechten Goldrausch, denn kurz nach Bekanntwerden der Fehlprägung kursierten auch Prägezahlen: Bei rund 4.700 Exemplaren soll die Produktion gestoppt worden sein. Der Dreibein-Emu aus der Perth Mint – eine moderne Mega-Rarität?
Qualitätskontrolle bei der Münzprägung in der Kritik
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler – dies trifft auf die Redaktion einer Zeitung oder eines Blogs genauso zu, wie auf eine Münzprägestätte. In den letzten Jahren sind bei der Produktion von modernen Sammlermünzen jedoch gleich mehrere spektakuläre Prägefehler passiert. Was bleibt, ist ein fader Beigeschmack. In kürzester Zeit haben beispielsweise im Jahr 2017 neben der Royal Canadian Mint auch die Scottsdale Mint aus den USA und die Pobjoy Mint aus Großbritannien fehlerhafte Gedenkmünzen in Umlauf gebracht. Dass aber gleich drei renommierte Prägestätten bei der Produktion von wertvollen Münzen schlampen, wollen manche Sammler schlicht nicht glauben.
Britannia rules the Urheberrechtsverstoß
Ein Blick nach Großbritannien. Was war passiert? Im Juli 2017 wurde bekannt, dass die britische Pobjoy Mint nach der Prägung von genau 7.329 Münzen die Herstellung ihrer Silbermünze „Britannia Rules The Waves“ vorübergehend einstellen musste. Kurz darauf brachte die private Prägestätte die Münze – nun mit einem überarbeiteten Design – wieder in den Verkauf. Die restlichen 42.761 Münzen der Gesamtauflage von 50.000 Stück erscheinen nun ohne den Schriftzug „Britannia Rules The Waves“. Auf Anfrage der Zeitschrift „Münzen & Sammeln“ teilte die Prägestätte mit, dass es eine Urheberrechtsbeschwerde bezüglich des Begriffs „Britannia“ gegeben habe. Die 7.329 bereits geprägten Münzen der ursprünglichen Gestaltung wurden so praktisch über Nacht zu gesuchten Sammlerstücken. Ihr Wert verdreifachte sich dadurch von 20 auf bis zu 60 Euro.
Großbritannien, Australien, und Kanada – der Fehlerteufel war fast überall
Kurz nach dem Copyright-Zwischenfall bei der Pobjoy Mint ist einer anderen renommierten Prägestätte ein ähnliches Malheur passiert. Die Royal Canadian Mint hat versehentlich einen falschen Nennwert auf eine Goldmünze geprägt. Einzelne Exemplare der 2.500-Dollar-Goldmünze mit dem „Timber Wolf“ und einem Gewicht von einem Kilogramm weisen einen falschen Nennwert von 250 Dollar auf. Wie die Royal Canadian Mint gegenüber mehreren Medien bestätigte, handelte es sich um einen menschlichen Fehler. Offenbar wurden die Prägestempel vertauscht. Ein solcher Prägefehler, bei dem Bild- und Wertseite nicht wie vorgesehen zueinander passen, wird als „Mule“, zu Deutsch „Maultier“, bezeichnet. Aktuell geht man von fünf fehlerhaften Exemplaren aus, von denen vier in den Verkauf gelangt sind. Erst kurz vor dem Verkauf der letzten der zehn Exemplare sei der Fehler einem Mitarbeiter der Prägestätte aufgefallen. Alle noch nicht ausgelieferten Münzen mit dem Prägefehler wurden ausgetauscht.
Typische Fehlerquellen: Nennwert, Währungsbezeichnung, Umschrift
Ebenfalls im Juli 2017 wurde ein dritter Fall bekannt: Die US-amerikanische Scottsdale Mint, die aktuell mit mehreren Silberanlagemünzen den Markt für Bullionprägungen aufmischt, hat die erste Ausgabe ihrer „African Leopard“-Serie mit einem Nennwert von 100 Cedis in Umlauf gebracht. Dabei gibt es ein Problem: Der ghanaische Cedi hat einen Gegenwert von etwa 20 Eurocent. Mit 100 Cedis läge der Nennwert in Euro (ca. 19 Euro) also über dem reinen Metallpreis (ca. 16 Euro). Üblicherweise haben Anlagemünzen jedoch einen Nennwert, der deutlich unter dem Metallpreis liegt. Schließlich wurden anstelle der geplanten 50.000 Stück nur 5.000 Münzen mit einem Nennwert von 100 Cedis hergestellt. Eine neue Ausgabe – diesmal auf 5 Cedis lautend – mit 50.000 Exemplaren folgte.
Kurzes Wort, hohe Fehleranfälligkeit: Ounce oder Ounze?
Diese Liste ließe sich beinahe beliebig fortführen. Nur noch ein Beispiel: Als im Jahr 2019 der Nachfolger der beliebten Bounty-Anlagemünze der Cook Islands präsentiert wurde, entdeckten Anleger auf der Bildseite neben dem neuen Seestern-Motiv den Begriff „Ounze“ statt „Ounce“. Sogar auf frühen Produktfotos, Monate vor der Prägung, war der Rechtschreibfehler schon zu sehen. Korrigiert wurde er jedoch erst, als ein Teil der Auflage bereits ausgeliefert wurde. Auch hier witterten Anleger ein schnelles Geschäft und begaben sich auf die Jagd nach der Silberunze mit der Rechtschreibschwäche.
Kritik von Sammlern: Zufällige Prägefehler?
In den vergangenen Jahren gab es diverse Zwischenfälle dieser Art bei weiteren Prägestätten. Für sich genommen haben diese Prägefehler keine größere Bedeutung. In Zusammenhang mit den anderen Prägefehlern jedoch, ergeben sie ein kritisches Bild: In den einschlägigen numismatischen Internetforen mehrte sich die Kritik aus der Sammlergemeinde. Nicht wenige Münzenfreunde glauben inzwischen, dass es sich bei den Prägefehlern nicht um Zufälle handelt, sondern um eine Möglichkeit, die Münzen interessanter und begehrter zu machen. Diesem Eindruck trat die Royal Canadian Mint ausdrücklich entgegen, der Prägefehler bei der XXL-Goldmünze sei nach Darstellung der Prägestätte nicht geplant gewesen.
Prägestätten verspielen Vertrauen der Sammler
Dennoch steht die Meinung vieler Sammler fest: Falsche Nennwerte oder Motive mit fremdem Copyright sind keine zufälligen Fehler, sondern von langer Hand geplant, um Aufmerksamkeit zu erzeugen – und seltene Sammlerstücke. Denn egal, ob es um die Britannia aus der Pobjoy Mint, den African Leopard aus der Scottsdale Mint oder zuletzt den Timberwolf aus Kanada geht: Kurz nach Bekanntwerden der Prägefehler wurden die Münzen zu gesuchten Sammlerstücken. Viele Sammler äußerten jedoch ihre Hoffnung, dass es sich bei den „Maultieren“ wirklich nur um Beispiele von menschlichem Versagen handelt. Denn wer glaubt, mit bewusst produzierten „Error Coins“ zusätzlich Kasse zu machen, verspielt seine Glaubwürdigkeit. Und genau diese Glaubwürdigkeit ist der zentrale Wert, den Gold- und Silbermünzen bis heute vermitteln.
Fotos/Grafik, wenn nicht anders ausgewiesen: Sebastian Wieschowski
Bullion im Shop
Tags: African Leopard Anlagemünzen Britannia Bullion Emu Fehlprägung Maultier Münzprägung Perth Mint Pobjoy Mint Royal Canadian Mint Scottsdale Mint Silbermünzen Timberwolf