Münzen als numismatisches Fotoalbum für Monarchen
Münzen sind faszinierende zeitgeschichtliche Dokumente – und sie verdeutlichen nicht nur politischen oder gesellschaftlichen Wandel, sondern auch den Zahn der Zeit, der selbst vor gekrönten Häuptern nicht Halt macht.
Auf den ersten Blick wirkt die Münze mit dem Bildnis eines Babys wie ein Spielzeug – doch um das Jahr 1890 herum waren in Spanien tatsächlich Gold- und Silbermünzen mit dem Kopf eines Neugeborenen im Umlauf zu finden. Denn das Staatsoberhaupt von Spanien war seit dem 17. Mai 1886 ein gewisser Alfonso XIII. – und der Tag der seiner Inthronisierung war gleichzeitig der Tag seiner Geburt.
Diese zeitgenössische Fälschung einer 20-Pesetas-Goldmünze zeigt den Monarchen im zarten Alter von nur drei Jahren:
Zwar nahm bis zum Jahr 1902 seine Mutter die Amtsgeschäfte wahr, doch de jure war das Baby von Geburt an ein gekröntes Haupt. Und die Spanier konnten ihrem König beim Heranwachsen auf den Münzen zusehen – sein Konterfei wurde mehrfach aktualisiert. Zur Übernahme der Amtsgeschäfte im Jahr 1902 erschien dann eine jugendliche Darstellung des damals 16-Jährigen.
Münzen halten auch Monarchen den Spiegel vor
Die Münzen mit dem Bildnis von Alfonso XIII. aus Spanien machen deutlich: Münzen sind nicht nur alltägliche Gebrauchsgegenstände, sie sind zeitgeschichtliche Dokumente und geben nicht nur Aufschluss über die Graveurskunst vergangener Epochen, sondern auch über den Alterungsprozess langgedienter Staatsoberhäupter.
Das beste Beispiel ist zweifelsohne die britische Königin Elizabeth II.: Die Queen ist nicht nur die meistportraitierte Monarchin der Welt, sondern auch das Staatsoberhaupt mit den meisten Facelifts auf einer Münze. Bis heute hat die Royal Mint das Bildnis ihrer Majestät insgesamt vier Mal angepasst, zuletzt im Jahr 2015.
Queen Elizabeth: Von der jungen Königin zur Jahrhundert-Monarchin
Weil vor Elizabeth II. kein anderes Staatsoberhaupt solange die Regentschaft innehatte, wurden die Graveure der Royal Mint vor eine durchaus pikante Aufgabe gestellt: Wie lassen sich die unzweifelhaften Zeichen der Zeit auf dem Antlitz der Königin, die immerhin von Gottes Gnaden in ihr Amt gesetzt wurde, millionenfach in die Geldbörsen der Untertanen übertragen?
Die Royal Mint setzte jedoch ein Zeichen und verzichtete auf numismatisches Make-Up, stattdessen wird die gealterte Queen in einer ausgesprochen würdigen und naturgetreuen Form auf die Umlaufmünzen sowie Gedenkmünzen aus Großbritannien gebracht. Die Münzen zeigen die Queen genauso, wie man die alte Dame kennt und in aller Welt wertschätzt.
Von Altersteilzeit keine Spur: Monarchen aus aller Welt arbeiten bis ins hohe Alter
Mit ihrem ersten Arbeitstag am 6. Februar 1952 – bis zum 70. Thron-Jubiläum ist es also kein allzu weiter Weg mehr – hat die britische Königin nicht nur in numismatischer Hinsicht einen Rekord aufgestellt. Doch manche ihrer Amtskollegen blicken auf eine ähnlich lange Regentschaft zurück und ließen ihre Portraits auf Münzen ebenfalls mehrfach anpassen. Darunter Margarethe II. von Dänemark (sie bestieg den Thron im Jahr 1972) sowie Carl XVI. Gustaf von Schweden (seit 1973). Rekordverdächtig war auch die Regentschaft von Bhumibol Adulyadej (Thailand, 1946–2016), Hirohito (Japan, 1926–1989) und Fürst Rainier III. (Monaco, 1949–2005).
Maria Theresia: Münzen als Marketing-Instrument
Es ist wohl kaum ein Herrscher-Leben so umfangreich auf Münzen und Medaillen dokumentiert, wie das von Erzherzogin Maria Theresia von Österreich. Geboren im Jahr 1717 in Wien, regierte die Habsburgerin von 1740 bis zu ihrem Tod im Jahr 1780. Maria Theresia tat sich nicht nur als resolute Staatenlenkerin hervor, sie setzte Münzen und Medaillen gekonnt ein, um ihr Volk über die neuesten Entwicklungen am Hofe im Bilde zu halten – also beispielsweise Hochzeiten ihrer Kinder oder den Tod ihres geliebten Mannes Franz, seit dem sie sich nur noch mit Witwenschleier abbilden ließ. Und natürlich wurde Maria Theresia für die meisten neuen Medaillen jeweils mit überarbeitetem Bildnis in Szene gesetzt, sodass insgesamt mindestens 40 Jahre ihres Lebens auf Medaillen nachvollzogen werden können.
Es braucht also nicht zwingend Fotografien oder Gemälde, um Herrscher zu porträtieren – manchmal tut es auch eine Münze.
Fotos/Grafik, wenn nicht anders ausgewiesen: Sebastian Wieschowski
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