Fünf biblische Münzen aus Jesu Lebzeiten
Das Leben und Leiden von Jesus ist im Großen und Ganzen auch unter Atheisten bekannt. Rechtzeitig zum Osterfest, das im Christentum traditionell Jesu Auferstehung feiert, betrachten wir die Passion Christi mal von der numismatischen Seite: Ein Lebenslauf in fünf Münzen.
Für den christlichen Glauben ist Jesus entscheidender Dreh- und Angelpunkt und damit bis heute zugleich wichtigste Symbolfigur. Doch ob religiös oder nicht – Gottes Sohn hat seine Spuren fest in unserem Alltag verankert: Seine Geburt an Weihnachten markiert gleichzeitig den Beginn unserer heutigen Zeitrechnung, zu Ostern – dem ältesten Fest der Christenheit – wird traditionell der Auferstehung Jesu Christi nach seinem Tod durch Kreuzigung gedacht. Nachlesen lässt sich das Leben und Leiden von Jesus in den vier biblischen Evangelien Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Eine Geschichte, die aber auch numismatisch rekonstruiert werden kann: anhand antiker Münzen, die bereits zu Lebzeiten Christi geprägt wurden. Münzen sind immer auch Zeitzeugnisse, die wichtige Persönlichkeiten und Ereignisse abbilden.
Heute datiert die moderne Geschichtsforschung die Geburt der zugrundeliegenden historischen Person – des jüdischen Wanderpredigers Jesus von Nazareth – zwischen 7 und 4 v. Chr., sein öffentliches Wirken in Galiäa und Judäa gegen Ende seines Lebens wird um 30 n. Chr. vermutet.
Numismatische Bibelgeschichten rund um Jesus Christus
Mithilfe von fünf rund 2000 Jahre alten Prägungen, darunter auch zwei Silbermünzen, bebildern wir fünf biblische Geschichten aus dem Neuen Testament – und damit gleichzeitig fünf wichtige Stationen im Leben von Jesus von Nazareth: seine Geburt im Stall zu Bethlehem, den grausamen Kindermord durch König Herodes I., seine Predigten im Tempel, den Verrat durch Judas und schließlich auch seine Kreuzigung:
- Denar von Kaiser Augustus: Die Volkszählung und die Geburt in Bethlehem
- Prutah von König Herodes I.: Der Kindermord zu Bethlehem
- Prutah „Scherflein der Witwe“: Die Botschaft Jesu
- Denar von Kaiser Tiberius: Die Lehren Jesu und der Verrat durch Judas
- Prutah von Pontius Pilatus: Das Urteil und die Kreuzigung
Handgeschlagene Unikate
Allein die Tatsache, dass jede dieser Münzen – wie auch andere Prägungen ihrer Zeit – einzeln und von Hand geschlagen wurde, trägt maßgeblich zu ihrer Faszination bei. Darin liegt schließlich die Besonderheit von Handarbeit: Sie bringt immer Unikate hervor, die sich exakt so auf der Welt kein zweites Mal finden. Heute werfen Münzprägestätten ihre Maschinen an, die den Prägevorgang praktisch vom Fließband ermöglichen. Und auch bei Spiegelglanz-Prägungen, bei denen der Metallrohling noch einzeln von Hand eingelegt wird, werden letztlich maschinell geprägt.
Es mangelt an Vorstellungskraft
Eine antike Münze bringt uns schnell an die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Manchmal kann man sich schon kaum vorstellen, wie die Welt nur wenige Jahre vor unserer Geburt aussah. Dass aber das gleiche Geldstück, das man heute in der Hand hält, bereits vor 2000 Jahren existierte – dazu braucht es einiges an Phantasie. Damals wechselte genau diese eine Münze vielleicht bei einem Handel den Besitzer, diente als Sold für Soldaten oder ging durch die Hände von Priestern, Gelehrten und womöglich sogar durch die der Kaiser, die sie einst prägen ließen.
Antike Schätze
Mit dem hohen Alter geht eine weitere Besonderheit einher: Solche Münzen kommen beinahe immer im Konvolut mit authentischen Gebrauchsspuren. Was Münzensammler heute durch stetiges Hegen, Pflegen und sachgerechte Aufbewahrung bewusst eindämmen, gehört bei antiken Münzen häufig dazu: die typische Patina, die ihre Jahrhunderte alte Geschichte belegt. Hat man eine solche Münze tatsächlich in der Hand, liegt der Gedanke nahe, dass es sich um einen antiken Schatz handelt – und das trifft es dann auch ganz gut.
Denar von Kaiser Augustus: Die Volkszählung und die Geburt in Bethlehem
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde“. (Lk 2, 1)
Im Lukas-Evangelium (Lk 2, 1) beginnt an dieser Stelle eine der wohl bekanntesten Bibel-Passagen überhaupt – die Weihnachtsgeschichte. Besagte Schätzung der Welt war jene Volkszählung, die Maria und Josef nach Bethlehem geführt haben soll, wo – der Geschichte nach – Jesus geboren wurde. Initiator der Zählung war Augustus, der erste Kaiser des römischen Reichs. Als numismatisches Beispiel dieser Episode dient hier ein Denar. Augustus ziert auch den Avers der gezeigten Silbermünze, die zwischen 2 v. und 4 n. Christi geprägt worden sein dürfte. Jesus und Augustus eint übrigens das Schicksal der berühmten Söhne: der eine als Gottes Sohn, der andere als – wenn auch adoptiert – Sohn Cäsars. Rückseitig zeigt der etwa 19 Millimeter große und 3,5 Gramm schwere Denar Augustus‘ Enkel Caius und Lucius mit Speeren und Schilden, darüber sind Lituus (spiralförmig endender Stab) und Simpulum (Schöpfkelle für Opferrituale) zu sehen.
Numismatische Details
Land: Römisches Kaiserreich
Regent: Kaiser Augustus
Nennwert: Denar
Prägezeit: 2 v. Chr. – 4 n. Chr.
Erhaltung: sehr schön
Metall: Silber
Durchmesser: ca. 19 mm
Gewicht: ca. 3,5 g
Vorderseite: Kaiser Augustus
Rückseite: Caius & Lucius, mit Speeren & Schilden, darüber Lituus (Stab) & Simpulum (Schöpfkelle)
Prutah von König Herodes I.: Der Kindermord von Bethlehem
„Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten […]“ (Mt 2, 16)
Als König von Judäa, Galiläa und Samaria sah Herodes I. („der Große“) seine Macht durch die Weissagung von der Geburt Jesu gefährdet. Davon berichtet das Matthäus-Evangelium (Mt 2). Herodes sandte seine Sterndeuter aus, nach dem „neugeborenen König der Juden“ zu suchen. Sie fanden ihn, wurden in einem Traum aber gewarnt, zu Herodes zurückzukehren und Jesus zu verraten. „Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte“. Zur gleichen Zeit erschien Gott Josef im Traum und forderte ihn auf, mit Maria und Jesus nach Ägypten zu fliehen. So entging Jesus dem Kindermord von Bethlehem. Numismatisch bebildern lassen sich dieser Wegbegleiter und die dazugehörige Episode aus Jesus‘ Leben beispielsweise durch eine Prutah, die zwischen 40 – 4 v. Chr. unter Herodes I. geprägt wurde.
Numismatische Details
Land: Judäa
Regent: König Herodes I.
Nennwert: Prutah
Prägezeit: 40 – 4 v. Chr.
Erhaltung: sehr schön
Metall: Bronze
Durchmesser: ca. 12 mm
Gewicht: ca. 1,2 g
Vorderseite: Prora (Schiffsvorderteil)
Rückseite: Schrift im Kranz
Prutah „Scherflein der Witwe“: Die Botschaft Jesu
„Er sah aber auch eine arme Witwe, die legte zwei Scherflein ein.“ (Lk 21, 2)
Haben Sie schon mal ein Scherflein zu etwas beigetragen? Diese Redewendung verdanken wir Martin Luthers Bibelübersetzung aus dem Lukas- und dem Markus-Evangelium (Lk 21, 1-4; Mk 12, 43-44). Heute steht sie sinnbildlich für eine Beteiligung oder Spende. Im Tempel von Jerusalem beobachtete der inzwischen erwachsene Prediger Jesus das Volk, wie es Geld in den Opferkasten spendete. Unter vielen Reichen sah er dabei auch eine alte Witwe, die zwei Scherfe gab. Im Vergleich zu mancher Gabe eines reichen Spenders galt das zahlenmäßig nicht viel. Laut Überlieferung schaute Jesus aber etwas genauer hin: „Diese arme Witwe hat mehr in den Gotteskasten gelegt als alle, die etwas eingelegt haben. Denn sie haben alle von ihrem Überfluss eingelegt; diese aber hat von ihrer Armut ihre ganze Habe eingelegt, alles, was sie zum Leben hatte.“ Luthers Übersetzung definiert zeitgenössische Kleinmünzen aus dem 16. Jahrhundert als Scherflein. Vielmehr waren Scherfe (oder ihre Verkleinerung „Scherflinge“) antike Bronzemünzen. Auch die Prutah, hier als numismatisches Sinnbild für Jesus‘ Predigt und die Scherflein der Witwe, zählt zu diesen Bronzen. Geprägt wurde sie von 100 v. bis 30 n. Chr.
Numismatische Details
Land: Judäa
Regent: –
Nennwert: Prutah
Prägezeit: 100 v. Chr. – 30 n. Chr.
Erhaltung: sehr schön
Metall: Bronze
Durchmesser: ca. 15 mm
Gewicht: ca. 1,2 g
Vorderseite: Achtstrahliger Stern im Kreis
Rückseite: Anker und Umschrift
Denar von Kaiser Tiberius: Die Lehren Jesu und der Verrat durch Judas
„So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22, 21)
Bei seinen Predigten versuchten Pharisäer und Anhänger Herodes‘, Jesus mit weltlichen Fragen aus der Reserve zu locken, um ihm Verrat an den weltlichen Machtinhabern nachzuweisen. „Darum sage uns, was meinst du: Ist’s recht, dass man dem Kaiser Steuern zahlt, oder nicht? Als nun Jesus ihre Bosheit merkte, sprach er: Ihr Heuchler, was versucht ihr mich? Zeigt mir die Steuermünze! Und sie reichten ihm einen Silbergroschen. Und er sprach zu ihnen: Wessen Bild und Aufschrift ist das? Sie sprachen zu ihm: Des Kaisers. Da sprach er zu ihnen: So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22,17–21). Besagter Silbergroschen, geprägt zwischen 14 – 37 n. Chr., soll ein Denar des römischen Kaisers Tiberius gewesen sein. Auch Judas‘ Lohn für seinen Verrat Jesu an die Römer – 30 Silberlinge – sollen mutmaßlich Denare des Tiberius gewesen sein. Damit steht kaum eine Münze deutlicher für das Leben und Leiden, eben die Passion, Christi.
Numismatische Details
Land: Röm. Kaiserreich
Regent: Kaiser Tiberius
Nennwert: Denar
Prägezeit: 14 – 37 n. Chr.
Erhaltung: sehr schön
Metall: Silber
Durchmesser: ca. 20 mm
Gewicht: ca. 3,5 g
Vorderseite: Kaiser Tiberius
Rückseite: Livia, Mutter des Tiberius, als Friedensgöttin
Prutah von Pontius Pilatus: Das Urteil und die Kreuzigung
„Aber die Hohenpriester und der ganze Hohe Rat suchten Zeugnis gegen Jesus, auf dass sie ihn zu Tode brächten […]“ (Mk 14, 55)
Nach dem Verrat durch Judas wurde Jesus gefangen genommen und vom Hohen Rat aus Priestern, Ältesten und Tora-Gelehrten verhört. Auf ihre Frage, ob er der Messias und Sohn Gottes sei, antwortete Jesus „Ich bin’s; und ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels.“ (Mk 14, 62). Man warf ihm Gotteslästerung vor, verurteilte ihn zum Tode und übergab ihn dem römischen Statthalter Pontius Pilatus. Beim Pessachfest bot Pilatus dem Volk an, zu entscheiden, wem die übliche Pessach-Amnestie gewährt werden soll – Jesus oder dem Zeloten (religiösen Fanatiker) Barabbas. Die von den Tempelpriestern aufgewiegelte Menge habe daraufhin die Freilassung Barabbas’ gefordert. Auch auf Pilatus’ Nachfragen, was Jesus getan habe, ließen sie nicht von ihrer Forderung ab. So befahl Pilatus die Kreuzigung Jesu. Münzbeispiel für Pontius Pilatus ist eine weitere Prutah, die zwischen 26 und 36 n. Chr. im Namen des Statthalters verausgabt wurde. Auf dem Avers zeigt die Bronzemünze ein Simpulum, die Schöpfkelle aus der altrömischen Opferkultur. Auf der Rückseite ist ein Bündel aus drei Getreideähren zu sehen.
Numismatische Details
Land: Judäa
Regent: Statthalter Pontius Pilatus
Nennwert: Prutah
Prägezeit: 26 – 36 n. Chr.
Erhaltung: sehr schön
Metall: Bronze
Durchmesser: ca. 15 mm
Gewicht: ca. 2 g
Vorderseite: Simpulum (Schöpfkelle)
Rückseite: Bündel von drei Getreideähren
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