Wo der Rubel rollt: Das Bernsteinzimmer, die unendlichen Weiten Sibiriens, der Kreml – viele Europäer verbindet zu Russland eine Hassliebe. Wenige Tage nach dem WM-Finale werfen wir den vorerst letzten konkreten Blick in das Land, in dem der Fußball zuletzt zuhause war. Das Land wird für seine politische Einflussnahme in aller Welt gefürchtet, aber dennoch wegen der faszinierenden Kultur geschätzt. Zuletzt dachte man bei Russland dank der Fußball-Weltmeisterschaft zwar vor allem an das lederne Rund, aber auch das metallische Rund ist einen Blick wert. Aus der Welt der Numismatik ist Russland nämlich kaum wegzudenken: Hier treffen Sammler auf eine Jahrtausende umfassende Tradition, welche mit höchster Prägetechnik in die Moderne geführt wurde.
Roter Faden Rubel
Anders als in den meisten anderen Ländern der Welt, hat der Rubel aus Russland als nationale Währung eine lange Geschichte: Erstmals im 14. Jahrhundert wurde der Begriff für Münzen aus Gold und Silber verwendet, seit dem 17. Jahrhundert ist ein Münzsystem nach heutigem Vorbild zu beobachten: Das russische Münzsystem gilt als das erste dezimal aufgebaute Währungssystem moderner Prägung. Der Rubel sowie die sekundäre Währungseinheit, die Kopeken, waren mit Silber gedeckt und im gesamten russischen Zarenreich gültig. Auch in den folgenden Epochen behielt die russische Währung trotz wechselnder Herrscher und Regierungsformen ihren Namen bei – der „Rubel“ ist der rote Faden der russischen Münzgeschichte.
Nikolaus II. und Katharina II.
Besonders beliebt sind bei Sammlern und Anlegern die Münzen aus der russischen Zarenzeit: Die Goldmünzen mit Nennwerten zwischen 5 und 15 Rubel zeigen Nikolaus II., der von 1894 bis 1917 der letzte Kaiser von Russland war und in Folge der Februarrevolution im Jahr 1917 abdanken musste. Anspruchsvolle Sammler legen sich auch ein Stück von Katharina II. ins Album. Denn Katharina die Große gab während ihrer Regentschaft von 1729 bis 1796 diverse prächtige Münzen mit ihrem Bildnis heraus.
Ideologie auf Gedenkmünzen
Die meisten Gedenkmünzen, die heutzutage auf Sammlerbörsen gehandelt werden, stammen allerdings aus der Zeit der Sowjetunion. Erst einige Jahrzehnte nach der Gründung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken begann die politische Führung in Moskau, ihre Ideologie auch auf Gedenkmünzen zu verbreiten. Den Auftakt machte eine Rubelmünze im Jahr 1965 zum 20. Jahrestag des Sieges im Zweiten Weltkrieg, es folgten Prägungen zum 50. Jahrestag der Oktoberrevolution und dem 100. Geburtstags von Lenin. Seit 1975 wurden regelmäßig Ein-Rubel-Gedenkmünzen in Kupfer-Nickel und seit 1978 auch Fünf-Rubel-Münzen in Silber herausgegeben, die bedeutende Russen sowie zeitgeschichtliche Ereignisse, wie beispielsweise die Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau würdigten. Geringe Auflagen und eine steigende Nachfrage von wohlhabenden Russen sorgen dafür, dass die Preise für russische Münzen in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt haben – und da in Russland die Schere zwischen „arm“ und „reich“ besonders weit auseinander geht und die Zahl der superreichen Russen zunimmt, ist eine Trendumkehr unwahrscheinlich.
Weltmacht auch in der Numismatik
Infolge des Zerfalls der Sowjetunion gab Russland ab 1992 nicht nur neue Banknoten, sondern auch neue Münzen in Rubel-Währung heraus. Und seitdem zeigen die Russen, dass sie auch in numismatischer Hinsicht ohne Zweifel eine Weltmacht sind: Mit detailreichen und gestochen scharfen Prägungen, exotischen Herstellungsverfahren – beispielsweise gibt es Bi-Metall-Münzen aus Gold und Silber – sowie umfangreichen Serien wie „Baudenkmäler Russlands“ oder „Russland im UNESCO Weltkulturerbe“, erfreut Russland seine Münzen-Fans in aller Welt. Eine besondere Bedeutung hat Russland auch als Hersteller von Palladium-Münzen: Das weiße Edelmetall ist eine absolute Rarität in der Welt der Münzen und Russland zählt wegen seiner reichhaltigen Palladiumvorkommen zu den wenigen Ländern, die Palladium auch zur Münzprägung einsetzen.
Fotos/Grafik, wenn nicht anders ausgewiesen: Sebastian Wieschowski
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