10-Euro-Münze „In der Luft“ in Karlsruhe angeprägt
In der Münze Karlsruhe wurde am 14. November 2018 Deutschlands erste 10-Euro-Münze mit Polymerring – „In der Luft“ – angeprägt. Das Nominal ist für deutsche Sammler nicht unbekannt, die immer noch junge Technologie durchbricht dennoch die Routinen der Münzprägung. Baden-Württembergs Finanzministerin Edith Sitzmann (Bündnis 90/Die Grünen) drückte in feierlichem Rahmen die entscheidenden Knöpfe, die weltweit beinahe einmalig sind.
Auch wenn die 10-Euro-Münze mit transparentem Polymerrring bereits die vierte deutsche Münze ist, die mit der Material-Innovation aufwartet, stand Dr. Peter Huber der Stolz ins Gesicht geschrieben, als er die Gäste der Anprägung begrüßte. Immerhin acht Jahre Entwicklungsgeschichte seien hier zum Ziel gekommen. Das Eigenschaften-Trio „attraktiv – innovativ – sicher“ sei einer der Gründe, warum die Polymermünzen „schon heute als Ikonen der deutschen Münzgeschichte gelten“, so der Leiter der Staatlichen Münzen Baden-Württemberg.

Hinter diesen Türen werden Münzen gemacht
Neidischer Blick zur Schweiz
Das Szenario hätte kaum passender gewählt sein können: Zwischenwände aus durchsichtigen Glasmosaik-Blöcken dominieren den Raum, der die Prägesäle miteinander verbindet. Hinter den denkmalgeschützten Mauern der Münzprägestätte Karlsruhe traf eine geballte Ladung Moderne auf ästhetische Tradition. In Baden-Württemberg gebe es über 200 zugelassene Fluggelände, verriet Edith Sitzmann, die Münzherrin des Landes. Am Mittwoch kam gewissermaßen vorübergehend ein weiteres dazu. Bernd Böing, stellvertretender Vorsitzender des 1979 gegründeten Deutschen Hängegleiterverbandes (DHV) dürfte sich jedenfalls heimisch gefühlt haben – Teil der Dekoration war ein echter Gleitschirm. Der Traum vom Fliegen, den schon Ikarus und da Vinci kannten, war allgegenwärtig. Bisher habe man immer „neidisch zur Schweiz geschaut“, wo es bereits seit 2016 eine 50-Franken-Banknote mit dem Gleitschirm-Motiv gibt, gab Böing lächelnd zu. Hierzulande ist das Sportfluggerät erstmals auf Geld zu sehen. Als Fachvertreter war Böing Teil der Wettbewerbsjury, die über das finale Münzmotiv zu entscheiden hatte. Ministerin Sitzmann und Münzleiter Huber hat er bei dieser Gelegenheit gleich feierlich zu einem Flugtraining eingeladen.

In der Schweiz wird seit 2016 geflogen (Foto: Schweizerische Nationalbank)
Ring, Ring, Pille
Während Versuche, Polymer als Sicherheits- und Gestaltungsmaterial in Münzen einzubinden, in anderen Ländern reihenweise scheiterten, hofft Huber für Deutschland sogar auf einen Ausbau der Technologie. Die Polymer-Ring-Münzen werden von allen fünf staatlichen Prägestätten geprägt. Der entscheidende Teil – das Fügen der drei Einzelbestandteile zu den Ronden – obliegt jedoch allein den Prägestätten Karlsruhe und München. Nur hier gibt es die neu entwickelten, durch Servomotoren gesteuerten Fügeanlagen. So entstehen in Karlsruhe die Ronden für die eigene und die Berliner Produktion, während München die Hamburgische Münze beliefert. Die Stuttgarter Prägestätte – neben Karlsruhe der zweite Standort der Staatlichen Münzen Baden-Württemberg – erhält die Trimaterial-Ronden zu gleichen Teilen aus Karlsruhe und München. Ein Knopfdruck, dann verbinden sich Metallring, Polymer-Ring und Metallpille vollautomatisch zur fertigen Ronde für die Prägemaschine. Während bei den 5-Euro-Münzen mit farbigem Polymer-Ring jede Prägestätte ihre eigene Farbnuance verwendet, ist der transparente Ring überall identisch. Allein anhand der Prägezeichen können die Exemplare später noch ihrem „Geburtsort“ zugeordnet werden.
Prägung in geringer Auflage
Ausgestattet mit einer kurzen technischen Unterweisung sowie einem paar Handschuhe, begann für Edith Sitzmann die Kür des Nachmittags: das Prägen der ersten Stempelglanz-Exemplare. Diese Umlauf-Exemplare werden nicht gesondert gekapselt, sondern maschinell in einer Papierrolle verpackt. Insgesamt werden in dieser Qualität 1,5 Millionen Münzen geprägt – jeweils 300.000 Stück in Berlin, Hamburg, Karlsruhe, München und Stuttgart. Die für Sammler interessanten Spiegelglanz-Exemplare entstehen im kleineren Prägesaal. Nur 250.000 Spiegelglanz-Münzen „In der Luft“ werden geprägt – je ein Fünftel davon in einer der fünf Prägestätten. Insgesamt eine vergleichsweise und unerwartet geringe Auflage. Die Prägequalität „Spiegelglanz“, auch „Polierte Platte“ genannt, erfordert eine gründliche Kontrolle. Während die Gäste um Ministerin Sitzmann auch hier eine technische Einführung bekommen, entstehen nur wenige Meter daneben hochwertige 1-Euro-Münzen. Noch ein paar Meter weiter springt das „Tapfere Schneiderlein“ (Münzserie „Grimms Märchen“) aus der Münzpresse, eine der 2019er 20-Euro-Silbermünzen.

Mit der Pinzette geht es unter die Luftdusche
Luft bewegt
Die fertigen Ronden liegen zur einzelnen Aufnahme mit der Pinzette auf einem Tablett bereit, müssen aber zuerst unter die Luftdusche. Das kleinste Staubkorn könnte später für erhebliche optische Schäden auf der geprägten Münze sorgen. Was kinderleicht aussieht, ist mühselig: Kaum unter dem Luftstrahl angekommen, springt die Ronde aus dem Pinzettengriff und rollt über den Boden. Es scheint fast, als kenne die Ronde ihre Inschrift: „Luft bewegt“. Der nächste Versuch ist erfolgreich: Frisch gereinigt ging es in die Prägemaschine, wo der Stempel in drei Hüben mit jeweils 999 Kilogramm das Motiv eindrückt. Die Werkzeuge für die Prägestempel entstehen übrigens in Stuttgart.
Polymer-Papst Pich
Auch Bernd Böing prägt ein Exemplar. Für Robin Frieß, der als DHV-Geschäftsführer ebenfalls bei der Anprägung war, ist die Münze ein wahrer Glücksfall, nicht zuletzt für die eigene Öffentlichkeitsarbeit: „Unser Sport ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, wir sind jetzt nicht mehr die Verrückten“, freut er sich. In der Mitte der Gesellschaft und in der Mitte der Münze. Deren Wertseite, die bis 2021 für alle drei Münzen der Serie „Luft bewegt“ verwendet wird, gestaltete der Berliner Diplom-Designer Andre Witting. Auch Witting war der Stolz anzumerken, als er „sein“ Exemplar aus der Prägemaschine begutachtete. Dabei war dieser Entwurf des freischwebenden Adlers beinahe ein Schnellschuss, den er nur als Zweitentwurf für den Münzwettbewerb eingereicht hat. Auch Edith Sitzmann zeigte sich zufrieden, schließlich kämen mit dieser Münze zwei elementare Dinge zusammen: „Geld ist wichtig, Luft zum Atmen ist lebenswichtig.“, zitierte sie die Schriftstellerin Karin Büchel. Prof. Dr. Andrij Pich von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen begutachtete die Prägung vor allem von technischer Seite. Als Teil des Polymer-Forschungsteams ist er maßgeblich für den Erfolg der Münzen verantwortlich. Für Münzleiter Huber ist er gar der „Polymer-Papst“. Ausgabetermin der 10-Euro-Münze ist der 4. April 2019.
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Künstler: Bildseite: Natalie Tekampe; Wertseite: André Witting
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