Serie „Eine Münze und ihre Geschichte“
Hohn und Spott für Vier-Pfennig-Münze alias Proleten-Dollar, Brünette, Armer Heinrich
Die Vier-Pfennig-Münze von 1932 ist ein Kuriosum der deutschen Münzgeschichte. Kurz vor der Machtübernahme der Nazis lag die Weimarer Republik am Boden, Weltwirtschaftskrise und Reparationen lasteten schwer auf dem deutschen Staatshaushalt. Mit einer neuen Münze und fragwürdigen Methoden versuchte die Regierung, die Menschen zum Sparen zu erziehen.
Das Jahr 1932 ist als Vorabend der Machtergreifung Hitlers in die Geschichtsbücher eingegangen: Die Weltwirtschaftskrise machte auch vor Deutschland keinen Halt und hatte die einheimische Wirtschaft seit Jahren fest im Griff. Jeder dritte Arbeitnehmer war zu dieser Zeit ohne Beschäftigung. Doch die Deutschen mussten den Gürtel noch enger schnallen. So nahm die Unzufriedenheit der Bevölkerung im Laufe des Jahres immer weiter zu. Die Reparationszahlungen hatte die Regierung bereits eingestellt. Selbst eigens eingerichtete, massive Arbeitsbeschaffungsprogramme konnten die Talfahrt nicht stoppen. Mit der Unzufriedenheit stieg in Deutschland auch der Zuspruch für radikale Positionen.
Einmalig in der Münzgeschichte
In deutschsprachigen Münzkatalogen fällt das Jahr 1932 durch eine numismatische Kuriosität auf, die das Ende der Weimarer Republik und die verzweifelten Bemühungen um ein Ende der Dauerkrise eindrucksvoll verdeutlicht: In diesem Jahr wurde erstmalig – und auch letztmalig – eine so genannte „Vier-Pfennig-Münze“ ausgegeben. Die Kupfermünze zeigt auf der Wertseite den Nennwert in Form einer großen „4“ sowie eine Randschrift mit der Länderbezeichnung, dem Jahr und der Währung. Auf der Bildseite ist der Reichsadler zu sehen.
Krummes Nominal als Rettungsanker
Dieses unübliche Nominal wäre normalerweise nur eine numismatische Randnotiz wert. Auch beim genaueren Hinsehen fällt sie gar nicht so sehr aus dem Rahmen. Immerhin gab es bereits vor der Reichsgründung Kupfermünzen mit „krummen“ Nominalen, wie beispielsweise drei Pfennig. Auch zu vier Pfennig waren so genannte „Scheidemünzen“ als reguläres Zahlungsmittel in diversen deutschen Staaten im Umlauf, denn ein „Groschen“ entsprach vier Pfennigen. Doch die Reichsregierung nutzte die Vier-Pfennig-Münze, spöttisch übrigens „Armer Heinrich“ genannt, im Krisenjahr, um Finanzpolitik zu machen. Sowohl die Wirtschaftsmisere nach dem Ersten Weltkrieg als auch die Reparationszahlungen und der Börsencrashs von 1929 haben ihre Spuren hinterlassen. Deshalb versuchte die Regierung des damaligen Reichskanzlers Heinrich Brüning, die Deutschen zum Sparen zu bewegen.
Zwangsumtausch steigerte Unzufriedenheit der Bevölkerung
Weil die meisten Deutschen jedoch bereits Not litten und die Konsumnachfrage längst am Boden lag, entschied sich Brüning zu einem historisch einmaligen Schritt: Anstelle des Fünf-Pfennig-Stücks wurde ein Vier-Pfennig-Stück entwickelt und in sechs Prägestätten geprägt. Rund 50 Millionen Stück kamen in den Umlauf. Davon allein 27 Millionen Münzen aus der Münzstätte in Berlin. Die hohe Prägezahl verdeutlicht die Ernsthaftigkeit, mit der versucht wurde, über diese Münzprägung die Deutschen zum Sparen zu erziehen. Weiterer Druck wurde ausgeübt, indem bei Lohnauszahlungen ein fester Betrag von zwei Mark in Vier-Pfennig-Stücken ausgezahlt werden musste.
Vier-Pfennig-Münze wird zur Satire
Die Reaktion der krisengeschüttelten Bevölkerung war eindeutig: Die Kupfermünzen wurden rundheraus abgelehnt, denn offenbar verstanden viele Menschen die Absicht der Regierung. Sie befürchteten eine weitere Absenkung ihrer Löhne und einen Vermögensverlust. Viele Arbeiter verweigerten schlichtweg die Annahme der Münzen. So machten schnell die bis heute bekannten Schmähbegriffe „Armer Heinrich“ oder „Brüning-Taler“ die Runde. Eine Berliner Zeitung sammelte anlässlich der Erstausgabe der Münzen die besten Namensvorschläge für die neue Münze, dabei wurden neben „Armer Heinrich“ auch Namen wie „Brünette“, „Heini“ oder „Proleten-Dollar“ eingereicht. Mit dem Scheitern dieser Maßnahme war auch das politische Schicksal des damaligen Reichskanzlers besiegelt – noch im Jahr 1932 musste Brüning zurücktreten.
Seltenes Sammlerstück trotz hoher Auflage
Trotz der hohen Auflage hat sich das Vier-Pfennig-Stück aus dem Jahr 1932 zu einer der bekanntesten deutschen Münzen entwickelt. Viele Sammler nehmen sie schon wegen ihres hohen Symbolwertes in die eigene Kollektion auf. Auch der Sammlerwert bewegt sich seit vielen Jahren auf einem konstant hohen Niveau, weil ein Großteil der Münzen wohl eingeschmolzen wurde und dadurch unwiederbringlich verloren ist. Und insbesondere in guter Erhaltung sind die Brüning-Taler bis heute nur schwer zu bekommen. Sie sind zudem ein willkommenes Beispiel, um numismatischen Neulingen die Faszination des Münzensammlers näher zu bringen – denn Münzen sind nicht weniger als geprägte Weltgeschichte.
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Bildnachweis: Porträt Heinrich Brüning, Bundesarchiv, Bild 183-1989-0630-504 / CC-BY-SA 3.0
Fotos/Grafik, wenn nicht anders ausgewiesen: Sebastian Wieschowski
Tags: Armer Heinrich Drittes Reich Heinrich Brüning Kupfermünzen Proleten-Dollar Reichspfennig Umlaufmünzen Vier-Pfennig-Münze Weimarer Republik