Schmidt-Anprägung in der Hamburgischen Münze
In der Hamburgischen Münze bereitet man ein letztes numismatisches Highlight zum 100. Geburtstag von Ausnahmepolitiker Helmut Schmidt vor. Zur Anprägung der Feinsilber-Unze herrschte einiger Trubel. Verantwortlich für den Erstabschlag war an diesem Tag ein ganz besonderer Praktikant.
Knapp 10 Kilometer liegen zwischen der Hamburgischen Münze in Hamburg-Rahlstedt und dem Stadtteil Barmbek. Dort, in Barmbek, wurde vor fast exakt 100 Jahren – am 23. Dezember 1918 – der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt geboren. In der Welt der Numismatik sind besondere Anlässe und Jahrestage von jeher richtungsweisend bei der Motivwahl. Wenig überraschend also, dass Schmidts 100. Geburtstag der Bundesregierung 2018 auch schon eine eigene 2-Euro-Gedenkmünze wert war. Dazu kamen zahlreiche weitere Würdigungen, die das Jubiläumsjahr wortwörtlich prägten. Am 15. Oktober fand die feierliche Anprägung eines weiteren Stückes statt, das sich angesichts seiner besonderen Eigenschaften als Höhepunkt unter den Geburtstagsprägungen behaupten will – eine auf 1.000 Exemplare limitierte Feinsilber-Unze (999/1000) als Erstabschlag.

Direktor Ralph Thiemann eröffnet die feierliche Schmidt-Anprägung
Seltener Besuch
Als Prägestätte kam, versteht sich ja beinahe von selbst, nur die Hamburgische Münze in Frage. Der 2015 verstorbene Schmidt – das darf man ruhig so salopp sagen – ist bis heute eine große Nummer in seiner Hansestadt. Entsprechend groß war das Medieninteresse. Direktor Ralph Thiemann begrüßt die neugierigen Gäste. RTL, NDR, Regionalpresse – so viel Trubel herrscht selten in seiner kleinen Prägestätte. Und was hinter den dicken Mauern und Stahltoren einer Münzprägeanstalt vonstattengeht, darf man sonst auch nicht ohne weiteres beobachten.
Bahnhof oder Prägestätte?
Das erste Silberstück durfte Hamburgs Finanzsenator Dr. Andreas Dressel (SPD) prägen. Münzprägerin Kerstin Listing stattet den Politiker vorher mit Handschuhen aus – um das Material vor Verunreinigungen zu schützen ist das unerlässlich. Im Schnelldurchlauf erläutert sie die folgenden Arbeitsschritte: Oben sitzt der Prägestempel mit Schmidts Konterfei, unten der mit dem Stadtwappen, dazwischen kommt die blanke Ronde. Klingt ganz simpel, bemerken auch einige der Gäste. Vor ein paar Wochen sei er aber sicherheitshalber schon mal zum Testen da gewesen, gab Dressel freimütig zu. Ein letztes Mal zeigt Dressel das nackte Silber in die Runde: „Das ist die Vorher-Variante.“ Einen Knopfdruck und vier Schläge – jeder davon mit 140 Tonnen Kraft – später haben sich die Motive von beiden Seiten in das Silberplättchen gedrückt. Als sich die Fenstertür der Prägemaschine schließt und der Stempel anfängt zu tanzen, klingt es fast, als würde eine Dampflok anrollen. Sekunden später zeigt Dressel stolz den Beweis, dass wir nicht in einem Bahnhof, sondern immer noch in Hamburgs historischer Münzprägestätte sind.
Prominenter Praktikant
Der Mann, der sonst die Finanzen der Stadt hütet, hatte an diesem Montagvormittag nur Augen für die Metallrohlinge, die sich durch seinen Knopfdruck in die Schmidt-Unze verwandeln. Dressel findet so viel Gefallen an dieser Aufgabe, dass er, zusätzlich angespornt vom Wunsch der Journalisten und Kamerateams, bereitwillig die Prägung weiterer fünf Unikate übernimmt. Um die Limitierung besonders hervorzuheben, bekommt jede der Unzen am Rand eine fortlaufende Seriennummer eingraviert. Die Gravur erfolgt in einem zweiten Arbeitsgang, sobald der nun bebilderte Rohling aus der Prägemaschine entnommen wird. Auch dieser Aufgabe – unter Anleitung von Vorhandwerker Manfred Zingst – stellt sich der prominente Praktikant, der Exemplar 0001/1000 fortan in seiner Finanzbehörde ausstellen darf.

Sah nicht aus, als absolviere er einen Pflichttermin: Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel
Kurze Lebensdauer
„Bei 1000 handgehobenen Stücken sind wir normalerweise nach einem Arbeitstag fertig“, erzählt Kerstin Listing, wie es nach der feierlichen Anprägung weiter geht. Weil ein Erstabschlag vor allem wegen von seiner hohen Qualität zehrt, ist es wichtig, auf ein paar Dinge zu achten: Bevor die Silber-Ronde eingelegt wird, wird sie maschinell von möglichen Staubflusen befreit. Nach dem Prägevorgang wird dann jedes fertige Stück mit Argusaugen unter die Lupe genommen. Sollte nur der kleinste Makel zu sehen sein, geht die betroffene Unze nicht in den Vertrieb und der Prägestempel wird überprüft. Für eine Auflage wie diese bereite man „zwei bis drei Stempel vor“. Die Prägestempel sind das Fachgebiet von Alina Krohn. Als gelernte Zerspanungsmechanikerin ist sie in der Hamburgischen Münze seit 2013 Einrichterin für die Maschinen. „Manchmal ist ein auffälliger Stempel aber noch zu retten“, weiß sie, „dann wird er erst ent- und dann neu verchromt“. Den Schmidt-Stempeln ist keine lange Lebensdauer vergönnt: Sobald die komplette Auflage geprägt ist, werden die Prägestempel vernichtet – eine Nachprägung des exklusiven Sammlerstücks ist somit ausgeschlossen.
Dass jeder Schlag hier mit 140 Tonnen Kraft wirkt, liegt an der Dicke des Metalls. Das dünnere 2-Euro-Stück beispielsweise kommt mit 90 Tonnen in drei Schlägen aus, die Cent-Münzen sogar mit nur 40 Tonnen.
Helmut Schmidt und die Zigarettenfrage
Für den Entwurf der Silberausgabe zeichnet der renommierte Künstler Bodo Broschat verantwortlich. Aus seiner Feder stammt auch das Motiv der 2-Euro-Münze zu Ehren Helmut Schmidts. Spekulationen und Diskussionen gab es damals um die Frage, ob man Schmidt absichtlich seiner Zigarette beraubt habe. Bund und Künstler verwiesen auf die typische Haltung des Hamburger Ehrenbürgers – immer gestikulierend im offenen Gespräch mit seinem Gegenüber. Die Feinsilber-Unze bedient sich eines ganz ähnlichen Schmidts. Auch hier sei die Zigarette nicht bewusst weggelassen oder gar per Fotomontage entfernt worden. Die Rückseite der Prägung zeigt das große Staatswappen der Freien und Hansestadt Hamburg.
Prägespezifikationen
Motiv: 100. Geburtstag Helmut Schmidt
Auflage: 1.000 Exemplare
Material: Silber (999/1000)
Prägequalität/Erhaltung: Polierte Platte (PP)
Prägestätte: Hamburgische Münze
Maße: 38 mm
Gewicht: 31,10 g
Tags: Hamburgische Münze Helmut Schmidt Münzprägung Prägestätte