Serie „Eine Münze und ihre Geschichte“
Missglückte Wahlwerbung mit Fünf Schilling
Mal eben ein paar Silbermünzen prägen, um die heimische Bevölkerung zu beeindrucken? Fünf Schilling vielleicht? Diesen Plan verfolgte der damalige Burenpräsident Paul Kruger (hierzulande vor allem durch die nach ihm benannte Bullionmünze „Krügerrand“ oder den Nationalpark bekannt) in Südafrika im Jahr 1892. Doch auf die preußische Genauigkeit war ein Verlass – und die numismatische Wahlwerbung wurde zu einer doppelten Posse.
Um die Jahrhundertwende hatten die Mitarbeiter der Kaiserlichen Münze in Berlin alle Hände voll zu tun: Die größte von insgesamt sechs Prägestätten des Deutschen Kaiserreichs stellte nicht nur die preußischen Umlaufmünzen aus Gold und Silber sowie einen Großteil der Kleinmünzen her, sondern nahm gelegentlich auch Aufträge aus dem Ausland an. Im Jahr 1892 traf eine Bitte um Unterstützung aus dem fernen Südafrika ein. Die dortige Regierung wollte Fünf-Schilling-Münzen mit dem Konterfei des Burenpräsidenten Paul Kruger herstellen lassen und dabei den Chef in bestmöglicher Qualität in Silber verewigen lassen.
Wahlwerbung per Silbermünze
Die Geschichte hinter den Fünf Schilling von 1892 ist unter anderem in einem Auktionskatalog des US-amerikanischen Auktionshauses „Ponterio“ aus dem Jahr 2011 dokumentiert. Demnach standen die Präsidentschaftswahlen kurz bevor und Präsident Paul Kruger wollte geradezu verzweifelt so schnell wie möglich neue Münzen in Umlauf bringen. Allerdings befand sich die Münzprägestätte in Pretoria zu diesem Zeitpunkt noch im Bau. Krüger wollte nicht warten und beauftragte deshalb die Prägestätte in Berlin.
Zwei Buchstaben sorgen für Gelächter
Schon von vielen Zeitgenossen wurden jene Fünf Schilling als verdeckte Form der Wahlwerbung für den umstrittenen Präsidenten verstanden. Dann jedoch entwickelten sie sich zu einer wahren numismatischen Kuriosität. Denn bei der Gestaltung sind den – ansonsten preußisch-korrekten und gewissenhaften – Stempelschneidern in Berlin gleich zwei kapitale Fehler unterlaufen. Fehler Nummer Eins: Der Stempelschneider Otto Schulz setzte, damals wie heute üblich, seine Initiaten unter das Präsidentenportrait. Dumm nur, dass „OS“ nicht nur die Abkürzung für „Otto Schulz“ ist, sondern in Afrikaans so viel wie „Ochse“ oder, noch schlimmer, „Hornochse“ bedeutet.
Harry, gravier‘ schon mal den Wagen neu
Für Spott sorgte zudem ein zweiter Fauxpas, als die Münzen in Umlauf kamen. Den Südafrikanern fiel nämlich sofort auf, dass Otto Schulz nicht etwa einen typisch südafrikanischen Wagen in das Münzbild, sondern stattdessen ein europäisches Exemplar integriert hat. Zu erkennen ist dies vor allem an der Doppeldeichsel mit vier Rädern in gleicher Größe. In Südafrika wurden jedoch Fuhrwerke mit einer Deichsel sowie auffällig große Hinterräder eingesetzt. Harry, gravier‘ schon mal den Wagen neu!
Fünf Schilling: Fettnäpfchen sorgen für Wertsteigerung
Diese beiden numismatischen Fettnäpfchen sorgen bis heute bei Sammlern nicht nur für Schmunzeln, sondern auch für eine konstant hohe Nachfrage nach den ursprünglichen Münzen. Denn nachdem ein Sturm der Entrüstung durch Südafrika gegangen war und Kruger die Wahl beinahe verloren hätte, wurden die meisten Erstprägungen eingezogen und eine überarbeitete Version in Umlauf gebracht – diesmal ohne „OS“ und mit einer lokalen Variante des Lastenwagens.
Späte Würdigung der deutsch-südafrikanischen Freundschaft
Die numismatische Verbindung zwischen Berlin und Pretoria erhielt im Jahr 2017 eine späte Würdigung, als die Münze Berlin eine Sonderprägung auf den Markt brachte: Das digitalisierte Bildmotiv der 5-Schilling-Münze aus dem Jahr 1892 wurde mit dem aktuellen Bildnis von Paul Kruger auf den Krügerrand-Anlagemünzen zusammengebracht und auf einer Ein-Unzen-Silbermedaille verewigt. Auf der Wertseite ist gestochen scharf das Wappen mit der fehlerhaften Wagen-Darstellung zu sehen. Und natürlich darf auch das verhängnisvolle Kürzel „OS“ auf der Münznachprägung nicht fehlen.
Fünf Schilling Double Shaft und Single Shaft
In der Fachwelt wird die Erstausgabe der Münze als „Double Shaft“ (Shaft ist die englische Bezeichnung für Deichsel) bezeichnet, wobei vom Jahrgang 1892 nur knapp 4.300 Stück geprägt worden sein sollen. Die überarbeitete Fassung aus dem Jahr 1892 kommt auf 14.000 Stück, sie wird als „single shaft“ oder mit der korrekten Typenbezeichnung des Fahrzeuges „Voortrekker wagon“ bezeichnet.
Krügerrand im Shop
Fotos mit freundlicher Genehmigung von E. Haberer
Tags: 5 Schilling Double Shaft Krügerrand Paul Kruger Pretoria Silbermünzen Single Shaft South African Mint Staatliche Münze Berlin