Chemie trifft Numismatik
Titanmünzen – so kompliziert die Herstellung, so besonders das Produkt: Auf der Suche nach immer neuen Material-Innovationen haben Prägestätten Titan für sich entdeckt. Der Clou: Das Super-Element ist von Natur aus sehr farbenfroh.
Heute vor 107 Jahren begann der Untergang der RMS Titanic. „Begann“ deshalb, weil das Schiffsunglück nach der verheerenden Kollision mit einem Eisberg ein stundenlanger Todeskampf war, der beinahe 1.500 Opfer forderte. Mit dem Namen „Titanic“ sollten die Größe und Überlegenheit des seinerzeit größten Ozeankreuzers demonstriert werden. Folgerichtig bediente man sich in der griechischen Mythologie. Immerhin gilt das Göttergeschlecht der Titanen als Inbegriff von Stärke. Doch auch der monumentale Vergleich half dem Schiff nicht, als es auf seiner Jungfernfahrt vom britischen Southampton nach New York in eine der größten Katastrophen der Schifffahrt geriet. Um das Drama von 1912 entstand ein Mythos, der mit dem erfolgreichen Hollywoodfilm von 1998 noch mal ganz neue Dimensionen annahm. Außerdem gilt: Das ist der Stoff, aus dem auch Münzen sind. Zwar gibt es bisher nur wenige Gedenkprägungen zur Titanic, dafür aber seit 2018 eine, die gleich in mehrfacher Hinsicht passt – eine echte Münze aus Titan (990/1000).
Bunte Münzen ohne künstliche Verarbeitung
Der südpazifische Inselstaat Vanuatu prägte mit einem Nennwert von 10 Vatu eine offizielle Gedenkmünze, die an das Schicksal der Titanic erinnern soll. Mit ihrem Durchmesser von 36,10 Millimetern bei 10 Gramm Gewicht erreicht die Münze zwar nicht die Maße des motivgebenden Ozeanriesen, hat dafür aber eine andere Besonderheit: Sie ist so blau wie das Meer. Kein Witz, kein Aufkleber, keine Kolorierung: Titanmünzen – bisher gibt es weltweit nur wenige Ausgaben – sind so außergewöhnlich wie farbenfroh. Dabei läuft die Herstellung etwas anders als bei den bekannten deutschen Münzen mit farbigem Polymerring. Möglich macht das eine spezielle Oberflächenveredelung – Anodisierung – des sogenannten Übergangsmetalls. Im chemischen Periodensystem der Elemente rangiert Titan übrigens unter dem Elementsymbol Ti und mit der Ordnungszahl 22. Chemie trifft Numismatik.
Licht bringt Farbe ins Münzmetall
Zwar glänzt Titan ursprünglich metallisch-weiß, kann jedoch mittels Anodisierung seine Farbe verändern. Klingt kompliziert, lässt sich aber auch einfacher ausdrücken: Hinter der Anodisierung verbirgt sich das Erzeugen unterschiedlich dicker Oxidschichten – ein klassischer Prozess aus der Oberflächenverarbeitung. Hier bringt Licht die Farbe ins Münzmetall: Durch Lichtbrechung an den einzelnen Schichten präsentiert sich das Titan anschließend in unterschiedlichen Farben. Je nach Schichtdicke glänzt es auf einmal Gold, Lila, Hellblau, Dunkelblau, Gelb, Orange oder Grün. Übrigens eine Farbvielfalt, die kein anderes Metall mitbringt. Und das ganz ohne Farbpigmente.
Beständiger als Silber, härter als Stahl
Damit ist das Ende der Superlative aber noch nicht erreicht: Gleichzeitig ist Titan leicht, dehnbar, korrosions- und temperaturbeständig. Beständiger als Silber, härter als Stahl. Somit empfiehlt es sich als vielseitiger Werkstoff u.a. in der Luft-, Raumfahrt-, Medizin- und Rüstungstechnik. Auch im Freizeitbereich – zum Beispiel als Sicherungstechnik im Klettersport – kommt es wortwörtlich zum Tragen. Entdeckt wurde Titan, das seinen Namen wie die Titanic ebenfalls aus der Mythologie hat, bereits Ende des 18. Jahrhunderts. Und zwar so, wie es am ehesten anzutreffen ist: eingeschlossen in Mineralien wie Ilmenit oder Rutin. Salonfähig für seine vielfältige Verwendung wurde das Leichtmetall dann in den 1930er Jahren durch das chemische Kroll-Verfahren. Weil Titan in reiner Form in der Natur aber praktisch kaum vorkommt, wird zur Gewinnung ein komplexes Herstellungsverfahren angewandt. Auch deshalb ist es rund 200-mal teurer als Stahl.
Prägestätten wollen Titanmünzen verheiraten
In der Welt der Münzen zählt Titan noch zu den weniger verbreiteten Vertretern. Weltweit suchen viele, häufig jüngere, Sammler vermehrt nach Material-Innovationen – ein Wunsch, auf den Händler und Prägestätten reagieren. So bahnen sich Bestandteile wie Glas, Holz oder Perlmutt ihren Weg in die Numismatik. Doch der schwierige Herstellungsprozess des Metalls zieht sich bis hin zur Verarbeitung als Titanmünzen. Denn so praktisch Titan mit seiner enormen Härte in der Technik ist, so schwer ist es in der Münzprägung einzusetzen. Bisher gibt es kaum Prägestätten, die überhaupt Titanmünzen prägen können. Damit sind solch bunte Münzen im großen Münzenkosmos bis dato noch Exoten. Dass bei Münzen und Medaillen immer häufiger mit High-Tech-Komponenten experimentiert wird, könnte aber für die bunten Titanmünzen ein Türöffner sein. Teilweise arbeiten Prägestätten zum Beispiel auch an Bi-Metall-Versionen mit Edelmetallen wie Silber oder Gold. So eine Material-Hochzeit könnte das Sammelgebiet dann noch wertiger werden lassen.
Titanmünzen zeigen Mythologie und Technik
Passend zum Namen und zu den klassischen Einsatzgebieten von Titan, stützen sich die meisten der bisher geprägten Titanmünzen auf mythologische und technische Motive. Auch mit dabei: berühmte Titanen wie Atlas oder Prometheus. Die Herrschaft der starken Riesen in Menschengestalt fand ein jähes Ende, als sie im sagenhaften Kampf gegen die nicht minder berühmten Götter Zeus & Co. aus dem Olymp unterlagen. Für Titanmünzen als eigenständiges numismatisches Sammelgebiet sieht die Zukunft hingegen rosiger aus. Und blauer. Und grüner. Und goldiger.
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Tags: Münzensammeln Mythologie Numismatik Titanic Titanmünzen